Altweibersommer zum Herbstanfang

Während für die Astronomen der Sommer noch bis zum 23. September dauert, ist er für die Meteorologen schon seit Beginn dieses Monats endgültig vorbei.

Denn im September verliert die Sonne täglich an Kraft; die Globalstrahlung ist jetzt schon rund 45 Prozent geringer als im Juni, der Zeit des höchsten Sonnenstandes. Die abnehmende Sonnenstrahlung hat aber auch ihr Gutes: Die atmosphärischen Turbulenzen der heissen Sommertage sind vorbei, und das Wetter wird beständiger.

Mildes Schönwetter in ganz Europa macht den September zu einem guten Reise und Wandermonat. Hoher Luftdruck über Mitteleuropa sorgt häufig für wolkenlosen Himmel, bei gleichzeitig kühlen und erholsamen Nächten. Morgens sind Flussniederungen und Täler oft noch lange in dichten Bodennebel gehüllt, bevor sich die Sonne ihrer spätsommerlichen Kraft besinnt. Und dann kann es noch mal heiss werden: In Süddeutschland sind fünf Sommertage mit Temperaturen über 25 Grad im Schatten nicht selten.

Die wolkenarme Atmosphäre führt andererseits dazu, dass es nachts, wie gesagt, schon recht kühl werden kann: An ungeschützten Stellen sinken die Temperaturen bereits in bedrohliche Nähe des Gefrierpunktes. Mittelwerte von Tag und Nacht ergeben einen Durchschnitt von 14,1 Grad Celsius und geraten damit bereits in die Nähe der 12-Grad Grenze, bei der die winterliche Heizperiode einsetzt.

Die Niederschläge fallen nicht mehr als Gewittergüsse wie noch vor einigen Wochen, sondern bei so genannten Front-Durchgängen. Dabei gleiten häufig warme Luftmassen über kühlere, und es kommt zu länger anhaltenden Regenfällen. Im gesamten September beträgt die Niederschlagsmenge durchschnittlich 61,5 Liter pro Quadratmeter. Doch eigentlich dominieren in diesem Monat die Trockenphasen, die zwei Wochen und länger dauern können. Der Witterungsverlauf des „Scheiding“, wie der September in alten Bauernkalendern noch genannt wird, ist deutlich dreigeteilt. Zu Monatsbeginn stabilisiert sich die unbeständige Augustwitterung. Schönes Frühherbstwetter bestimmt – nur unterbrochen von einigen Schlechtwettertagen zwischen dem 14. und dem 18. September – den ganzen Monat. Diese Schönwetterperiode tritt so zuverlässig ein wie kaum eine andere Wetterphase. Die im Volksmund als „Altweibersommer“ bezeichneten schönen Herbsttage fallen, statistisch gesehen, nur einmal in sieben Jahren aus.

Der Name „Altweibersommer“ rührt übrigens von den silbrigen Fäden her, an denen sich die Jungspinnen im September vom Wind forttreiben lassen. Denn diese Fäden erinnerten unsere Vorfahren an das Garn, das früher von den „alten Weibern“ gesponnen wurde. ähnlich drastisch (und ebenfalls mit leicht erotischspöttischem Unterklang) spricht man in der Schweiz vom „Witwensömmerli“. Neutraler sind die Bezeichnungen in anderen Ländern. So gibt es in Schweden den „Brigittensommer“, in Frankreich den „Theresiensommer“ und in Amerika den „Indian Summer“.

Für das Wetter des Winters stellt der Septemberentscheidende Weichen. Liegt im letzten Monatsdrittel der Luftdruck über Mittel- und Osteuropa deutlich über dem Durchschnitt, folgt meist ein milder Winter. Im Bauernkalender kommt dem St.-Moritz-Tag am 22.9. eine wichtige Bedeutung zu: „Ist St. Moritz hell und klar, stürmt der Winter, das ist klar.“